Freitag, 20. Juli 2012

Beschneidungsdebatte Pro und Kontra: imho glasklare Sache

Schwer nachvollziehbar, weshalb sich eine endlose, ohnehin sehr emotional geführte Debatte um die Beschneidungslegitimation von Jungen anzubahnen droht, liegt die Sache eigentlich glasklar auf der Hand: das im Grundgesetz garantierte Recht auf  freie Religionsausübung muss doch schon der Logik wegen dem ebenfalls garantiertem Recht auf körperliche Unversehrtheit diskussionslos weichen.


Kontra Beschneidung

Die Amputation der Vorhaut geschieht nicht nur ohne Einverständnis des Geschädigten, er verfügt im Säuglingsalter auch nicht über die notwendige Mündigkeit, über die für diesen Eingriff zur Legitimation herangezogene Religionszugehörigkeit aktiv entscheiden zu können. Dem Säugling steht nämlich das grundgesetzlich, garantierte Recht auf körperliche Unversehrheit stets objektiv ("passiv") zu, eine Aufhebung dieser Regelung müsste also aktiv durch das betroffene Individuum und nicht die Eltern erfolgen - nicht einmal Tätowierungen gleich welcher Größe dürfen den Körper eines Unterachtzehnjährigen ohne Einverständnis der Eltern zieren; weshalb dann einen solch gravierendem Eingriff an Säuglingsgenitalien zulassen? Man stelle sich vor, Archäologen entdecken Schriftrollen einer verschollenen Religion, die besagen, jedem zweiten Neugeborenen den linken Zeh abzuschneiden und nun würde eine fanatische Gruppe versuchen, diese Praxis in Deutschland mit Verweis auf die Religionsfreiheit wiedereinzuführen - kein Gericht würde hier zu Ungunsten des Kindes sprechen. Oder ein realistischeres Szenario: man stelle sich vor, die weibliche Beschneidung soll historisch-religiös begründet legalisiert werden – undenkbar, bereits heute verstößt sie als gefährliche Körperverletzung gegen geltendes Recht.


Pro Beschneidung & Fazit

Zugegeben liegt der Fall beim männlichen Säugling etwas anders: es wird ja nur "das bisschen Vorhaut" weggeschnitten und diene darüber hinaus der Hygiene sowie angeblich als Vorbeugung gegen verschiedene Erkrankungen. Letztere Argumente sind aus verfassungsrechtlicher, juristischer Sicht völlig unerheblich, schließlich kann vorsätzlich unrechtes Handeln nicht durch etwaig positive Folgewirkung plötzliche Rechtmäßigkeit erlangen; es bleibt also nur die Frage zu klären, ob "das bisschen Vorhaut“ zum schützenswerten Gut körperlicher Unversehrtheit gehört und erst durch aktive Zustimmung des unbedingt Mündigen aufzuheben sei – ich meine ganz klar ja…

UPDATE: genialer Vergleich "Beschneidung VS. Organentnahme"
Mir fällt gerade ein ziemlich guter Vergleich zur Sache ein: wie absurd ist es, einem Lebendem Körperteile zu entfernen (Beschneidung) als legal hinstellen zu wollen, gleichzeitig aber genau den selben Prozess am toten Körper (Organentnahme) nur über vorherige Einverständniserklärung zu genehmigen, sodass hierzulande jährlich etwa 1000 Menschen aufgrund mangelhafter Spendebereitschaft weniger sterben würden?!

-> Ein Neugeborener hat also verhältnismäßig weniger Recht auf körperliche Unversehrheit, als es einem ohnehin Toten zugestanden wird... systemgemäß PERVERS inkohärente Logik ?°!

Sonntag, 15. Juli 2012

Die Absurdität des Bachelor-Systems

Schlagzeilen machte neulich ein 22 Jähriger aus Nordrhein-Westfalen: neben der Lehre als Bankkaufmann absolvierte er mal eben so parallel das Bachelor- und Masterstudium in 4 Semestern – die Regelstudienzeit hierfür aber beträgt mindestens 5 Jahre!

Wie ist das möglich?

Nun, er studierte wohl im Mono-Bachelor (Einfach-Bachelor) BWL als einziges Fach – ein Studiengang, dessen Leistungserfassung im Prinzip nur aus Klausuren besteht. Nach Feierabend setzte er sich also in die Vorlesung und tauschte anschließend die Mitschriften mit zwei Kommilitonen aus, die ihrerseits in anderen BWL-Vorlesungen parallel saßen. Er wird dann pro Semester über ein dutzend Klausuren geschrieben haben um damit ganz schnell die 180 Leistungspunkte vollzubekommen.

180 Leistungspunkte = 1 Studium

Um das heutige Studiensystem des „Bachelors“ zu verstehen, muss man in Leistungspunkten denken: jedes Studium, ob natur-, sozial- oder geisteswissenschaftlichen Einschlags, umfasst im Bachelor 180 Leistungspunkte, die sich in Klausuren, Seminaren, Referaten, Praktika und Hausarbeiten über 6 Semester Regelstudienzeit aufteilen. Ein Zweifach-Bachelor umfasst im Erstfach (z.B. Philosophie) 90 Punkte und im Zweitfach (z.B. Latein) 60 Punkte. Hinzu kommen 30 Punkte aus überwiegend frei wählbaren Veranstaltungen als sogenannte „Schlüsselqualifikation“ – macht 180. Studiert man lediglich ein Fach („Mono- oder Einfach-Bachelor“), sind in diesem die vollen 180 Punkte zu absolvieren – über den fachinternen Tellerrand wird hierbei kaum hinausgeblickt.

Durch diese Aufteilung des eigentlich auf Jahre angelegten, tieferen Studiums in bloße Leistungspunkte werden nur noch jene gesammelt mit der Konsequenz, dass durch Vollpacken des Stundenplans ein mehrjähriges „Studium“ wie oben zu sehen in kürzester Zeit komprimiert „absolviert“ werden kann. Die Leistung des Jünglings ist ihm überhaupt nicht abzusprechen, vielmehr zeigt er doch ungewollt die Absurdität des Bachelorsystems und seiner oberflächlichen Punktejagd auf – so züchten wir uns nur willfährige Systemlemminge heran.

Hoffnung am Bildungshorizont

Doch neben dem
Verfall in Schreibmaschine-Zeiten gibt es noch Hoffnung am Bildungshorizont: gleich Prof. Bernd Senf filmt auch der innovative Mathematik-Professor Jörn Loviscach seine Vorlesungen mit der Kamera und stellt diese dann in guter Qualität bei Youtube ins Internet mit dem Ergebnis, bisher mehr als 6 Millionen Videoaufrufe erzielt zu haben. Bei Spiegel Online klagt auch er über das Bildungssystem:
Es würden sich mehr Studenten für die Prüfung anmelden. Allerdings stehe diese in seinem Unterricht nicht im Vordergrund, weshalb die Durchfallquote bei ihm auch nicht besser sei. "Die Klausuren sind für mich ein Drama", sagt er. Sie seien Teil eines Systems, dem er den Kampf angesagt habe. Er nennt dieses System "Bulimielernen" und erklärt: "Wie Bulimiekranke sich ernähren, so lernt man. Nach der Klausur ist alles weg."
Wie wäre es denn mit einem allgemein zugänglichen Hochschulportal , bei der Profs ihre Unterlagen und Videomitschnitte ebenso wie Studenten ihre Mitschriften und Klausuren hochladen können und der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung stellen – schön systematisch nach Uni, Fach, Dozent etc. sortiert abrufbar; zusätzliche Interaktionsmöglichkeiten nach Anmeldung wie gemeinsame Referatsausarbeitung und Powerpoint-Folienerstellung ala Google-Docs inbegriffen. Auch Abiturienten könnten sich auf dieser Lernplattform so den Inhalt ihrer zukünftigen Studiengänge vorab ansehen, bewerten und mit eigenen Präferenzen abgleichen – die richtige Studienwahl fällt so deutlich leichter und auch die Zahl der Studienabbrecher wie Studienfachwechsler sollte sich minimieren. 

Die Finanzierung liefe bestenfalls über den Staat und getragen durch die Unis; als Privatmann wäre solch ein Mammutprojekt unrealisierbar, wenngleich etwaige Erlöse bei einem kommerziellen Projekt durch Werbung (google-Adsense) den Unterhalt weit übersteigen dürften. Einen Anreiz zur Mitwirkung könnte man schaffen, in dem der Uploader mit beispielsweise 50% an den durch seinen Artikel generierten Werbeeinnahmen beteiligt wird und bei gleichzeitig niedriger Auszahlungsgrenze von vielleicht 5 Euro auch relativ zügig Geld verdient.
-> Mail an StudiVZ zu ihrer
Rettung hierdurch ist so eben raus *GNARF*

tl;dr
Es geht im Studium eigentlich um das nachhaltige Verstehen von Zusammenhängen, nicht um das Heranzüchten unqualifizierter Leistungspunktejäger – dieses pervertierte Hochschulsystem wird der Gesellschaft noch gründlich auf die Füße fallen:
„In den Sozialwissenschaften kann man mit dem Bachelorabschluss direkt Hartz IV beantragen, ohne Master geht eh nichts”

UPDATE
Der eingangs Genannte verlor jetzt einen Rechtsstreit bei dem es um die Höhe der anzufallenden Studiengebühren ging - für 4 Semester oder für die volle Regelstudienzeit? Das Gericht entschied zugunsten der privaten Hochschule und hat dem Student auferlegt, die für Regelabsolventen anfallenden Gebühren wie vertraglich vereinbart auch tatsächlich zu bezahlen - wird dem neuen Ackermännchen schon nicht allzu sehr schaden, wenn er schon wieder nebenberuflich in England promovieren kann...

History of German meme: der Schlecker Opa

Endlich, ein intensives Semester inklusive Klausuren ist geschafft – wieder etwas Zeit für ein paar Zeilen zum aktuellen Treiben; Bacheloretten-Operette & Religions-Beschneidungszwecke.

Schlecker Opa Horst Thiele

Zuvorderst aber widmen wir uns der Auflockerung wegen dem neuen Internetphänomen („meme“) des Schlecker Opas; seit einigen Wochen geistert nun schon der durch einen regionalen Fernsehsender beim Räumungskauf von Schlecker zufällig entdeckte Urpreuße Horst Thiele durch das Netz. Unbestritten löst er damit den längst legendär gewordenen Andreas Halt Stop nach über einem Jahr als neuer „German meme“ ab:

Nun aber das Video des einzigartigen Horst Thiele und der ebenso einzigartig trockenen Kommentierung des Off-Sprechers:

Nach dem durchschlagenden Erfolg bei den Zuschauern fuhr das SKB-TV-Team erneut zum Rentnerehepaar Thiele und besuchte das regelrechte Warenlager im Keller und der Wohnung; Toilettenpapier scheint lange nicht das einzig Gehortete der sympathischen DDRlinge zu sein...